Mittwoch, 4. November 2015
1,5 Jahre in China sind nun rum (Stand Juni 2015)!
Ich hab mir ja angewöhnt, immer mal zu schreiben, wie es uns nach einem vergangenen halben Jahr so ergangen ist. Tatsächlich sind nun schon 1,5 Jahre rum und es ist mal wieder Zeit zum Reflektieren. Gerade die letzten Wochen haben wir viel überlegt, wie es später weitergeht, wielange es hier noch geht.

Während wir zwischenzeitlich klare Gedanken hatten, was unsere Zukunft angeht, sind diese nun total konfus. Es gibt ja nicht nur schlechte Seiten hier, außerdem wollen wir eigentlich viel mehr Kultur und Natur sehen, was natürlich wieder zu dem organisatorischen Thema führt, was ich jetzt aber nicht nochmal ausführe. Wir haben einige Gleichgesinnte kennengelernt. Hätten wir diese auch in DE getroffen und festgestellt, daß man die gleichen Interessen hat?
Wie wird das irgendwann mal wieder in DE? Kommt man mit dem Leben dort wieder zurecht, was man früher hatte? Auch früher war nicht alles Gold, was glänzt. Das hat uns ja auch mit zu dem Schritt bewogen, nach China zu gehen.
Was wir klar wissen, wir wollen unbedingt die Natur zurückhaben, das Grün, das Rascheln der Bäume, Zwitschern der Vögel, Regen! Kein Autohupen, keine Klimaanlagen in Dauerbetrieb im Sommer und im Winter, kein Gespucke mehr überall, kein Krach!
Aber alles andere ist unklar….. Plötzlich steht wieder alles in Frage. Dazu führten natürlich auch viele Änderungen im Dienstleben, die sich in den letzten acht Wochen ergeben haben. Viele Strukturen haben sich verändert, unsere letzten Unterstützungen hier sind weggebrochen, speziell für Markus. Die Auswirkungen kennen wir noch nicht. Aber genau das kennen wir mittlerweile – die Ungewissheit, die uns von Anfang an hier begleitete. Jetzt denkt ihr bestimmt,“ gerade deswegen würde ich doch zurückgehen, warum soll man sich den Stress antun“. Nur ist das nicht so einfach. Man muß sich immer überlegen, daß an einer Rückkehr genauso viele Sachen hängen wie an einer Auswanderung…. Man fängt wieder von vorn an.
Oder nicht? Kann man wieder einfach an alles anknüpfen, da weitermachen, wo man aufgehört hat?
Ich bin ja nun oft in DE gewesen, hatte immer wieder den Vergleich. Hab oft gesagt, ich hab hier in China echt keine Lust mehr, ich hab Heimweh. Und trotzdem waren die DE-Phasen nicht immer gut. Ganz im Gegenteil. Ich brauchte Tage, manchmal 2 Wochen um mich wieder an mein altes Leben zu gewöhnen. Ich bin jedes Mal mit Erwartungen gekommen, die selten eintrafen. Viele Dinge waren für mich frustrierend. Und hatte ich mich wieder mit dem alten Leben abgefunden, ging es zurück. Und dann vermisst man DE. Ein Leben in zwei Welten – unmöglich!

Wie ergeht es Markus damit? Ähnlich. Natürlich war er nicht so oft wie ich in DE, oft ganz anders motiviert, allein schon durch die Aufgabe, die er hier hat. Die gleichen Fragen hat er sich aber trotzdem gestellt, nahezu die gleichen Empfindungen geteilt. Solche Chinakoller-Tage wie ich sie oft hatte, hatte er auch, aber weniger. Stattdessen hat er jetzt schon ganze Chinakoller-Wochen. Seit Langem ist er gesundheitlich extrem angeschlagen.

Wie haben wir neulich festgestellt: in China kommt alles ans Licht, die Dinge, die einen vorher schon beschäftigt haben, beschäftigen einen noch viel mehr. Die Belastbarkeit auf einigen Ebenen ist zum Einen gestiegen, weil man ja hier ein anderes Leben führt und man mit Randbedingungen klarkommen muß, über die man sich nie Gedanken gemacht hat. Aber auf anderen Ebenen ist diese extrem gesunken, man kann viele Dinge nicht mehr an sich ranlassen. Tut man das doch, dann ist man nur noch unglücklich.

Unser nächster DE-Aufenthalt steht nun an. Für mich etwas länger. Ich bin gespannt, wie es dieses Mal sein wird…..

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