Mittwoch, 25. März 2015
Unsere Chinesen in Deutschland
Drei unserer chinesischen Kollegen bekamen die Chance im März nach DE zu reisen und unsere Firma näher kennenzulernen. Wie zu erwarten kommt jetzt wieder eine lange Story….

Organisation der Reise von CN nach DE:
„Ups, man braucht ein Visum? Warum das denn? So ein Mist. Und das, wo wir doch in vier Wochen fliegen wollen (zur Info: die Reise stand seit Dezember fest). Also im Eiltempo alle Formalitäten erledigen (Einladungsschreiben aus DE etc.). Och nee, Chinese New Year ist doch auch jetzt – da arbeitet doch keiner. (Das nächste „ups“.) Ohne Visum braucht man keine Flüge buchen. Naja, egal. Gehen wir doch erstmal alle in den wohlverdienten Urlaub für 10 Tage.“
Markus und ich haben uns mal ausnahmsweise aus der Planung rausgehalten, klappt auch, dachten wir. Wir wussten ja nicht, was das heißen würde, wenn man mal keinen Plan erstellt…. Also ist alles wieder in den super Stress ausgeartet. Selbstverständlich nur für uns…. Resultat war dann, daß sich mehrere Leute gleichzeitig um Hotel etc. gekümmert haben, weil untereiander reden ja so schwierig ist.

Visum ist da:
Also schnell Flüge buchen, kosten natürlich kurz vorher mehr als geplant. Alle in den Flieger und los ging es.

Programm in DE:
Markus bat jeden, doch einen Fragekatalog zu erstellen, damit sich die Kollegen auf den Besuch aus China vorbereiten konnten. Einer hat es gemacht, das mitreisende Mädel wusste auch, was sie zu tun hatte, aber mein Spezi hat nichts gesagt, also hab ich den selbst verplant und alles organisiert. Was wir nicht erwartet haben: auch DE muß einen minutiösen Plan haben, sonst geht nix. Der muß wirklich vom Abholen aus dem Hotel bis abends ins Bett sein.

Ankunft in DE:
Mit dem Zug sind die Kollegen in unsere Gegend gereist und sogar problemlos angekommen. Gut war, daß ein anderer deutscher Kollege aus China bereits seit einer Woche in DE war und sich um die Besucher gleich gekümmert hat. Bis dahin war noch alles relativ unkompliziert.

Erster Arbeitstag:
Empfang am Pförtner, alle happy und mit Geschenken (chinesische Süßigkeiten) vollbeladen angekommen. Und alle Jetlag. Da sag nochmal einer „ach was, ich hab nieee Probleme“ . Und die Chinesen können sonst immer zu jeder Zeit schlafen!!! Als erstes sind wir zu den entsprechenden Abteilungen und haben dort die Kollegen vorgestellt und dann abgeliefert.

Pünktlichkeit:
…ist eine Zier, doch weiter komm ich ohne ihr. Wer kennt den Satz nicht?!
Tja, und das steht exemplarisch für JEDEN Tag, den die Kollegen da waren. Treffpunkt 12 Uhr Kantine reichte nicht aus. Nein, es stand grundsätzlich nie einer da!!! Telefonisch nie erreichbar, dabei sind die doch so handyverrückt. Die mussten wir jedes Mal zusammensuchen aus dem ganzen Werk. Man darf auch nie fragen, ob jemand Hunger hat. Haben sie, würden es aber nicht sagen. Merkt man daran, daß sie nicht zum Essen erscheinen, wenn man sie nicht abholt und dann abends kurz vorm Umklappen sind wie unser Mädel, was mit war. Also, jeden Tag jeden einsammeln und dann kann man sehen, was in so einen kleinen Körper alles reingeht…

Tischmanieren:
Naja…….. Unsereins hält links die Gabel, rechts das Messer. Chinesen umgedreht und man muß Angst haben, daß sie sich nicht ernsthaft verletzen. Ganz schlimm war für mich das Schmatzen, was ich hier schon nicht leiden kann, aber in DE geht das mal GAR NICHT! Während sich das Mädel und der eine Kollege nach und nach anpassten, hat das den anderen nicht interessiert…. Komischerweise hat aber keiner so rumgesaut wie hier beim Essen und seinen Platz in DE sauber verlassen.

Restaurantbesuche:
„Oh, das ist soooooo lecker, das könnte ich nochmal essen“ über „great“, „phantastic“ zu „outstanding“. Und nichts davon stimmte! Da plant man sich dumm und dusselig, geht in alle verschiedenen Restaurants (Spanier, Türke, Italiener, deutsche Küche etc.) und überall wird gesagt, wie lecker es doch ist. Willste dann nochmal in dasgleiche Restaurant, weil einem selbst nichts mehr einfällt und du dich ja erinnert hast, daß es ja allen geschmeckt hat, heißt es plötzlich „nee, das mochte ich gar nicht“. Brot und Brötchen fanden sie eklig, überhaupt war das deutsche Frühstück nix.
Letztlich entpuppte sich der Döner als Hit und die Currywurst…. Und auch das letzte gemeinsame Dinner in einem kleinen Örtchen mit deutscher Küche schlug gut ein. Es gab Schnitzel satt und einen phantastischen Nachtisch.

Asia-Buffet:
Eigentlich sollte das ja ein Scherz meinerseits sein. Ich wollte mal zeigen, wie sich die Deutschen das asiatische Essen vorstellen. Der Hit war, daß dort wirklich auch ein „richtiger“ Chinese arbeitet (der Rest ist mongolisch, vietnamesisch) und gleich mit allen ins Gespräch kam. Da war das Essen der Hammer für unsere Gäste! Ich hab dann rumgescherzt „Huhn süß-sauer hab ich noch nicht in CN gesehen“, das konnten die gar nicht verstehen. Auch die gebackene Banane gibt es hier nicht. Ich hatte das vor über einem Jahr schon mal erfragt, wo mir gesagt wurde, daß das nichts typisch Chinesisches sei. Ich durfte mir dann anhören, wir würden ja nur in die Upper-Class-Läden gehen, da gäbe es das auch nicht. Naja, also wenn das, was wir schon gesehen haben, Upper-class ist….. Der Beweis steht noch aus! Ich bleibe am Ball, das will ich hier mal sehen!!!

Beschwerde vom Hotel:
Bereits nach Tag 2 fragte die Hotelbesitzerin uns, ob wir die Kollegen mal höflich drauf hinweisen könnten, daß sie doch bitte die Duschtür zu machen, damit nicht das ganze Zimmer geflutet ist….
Nach dem Toilettenpapier, was man in China in die Mülleimer werfen muß, weil sonst alles verstopft, hab ich lieber nicht gefragt.

Einkäufe in DE:
Aufgrund des aktuellen Wechselkurses wurde munter bei Amazon bestellt. Lautsprecher, Boxen, alles Mögliche. Sogar ein Koffer. Den konnte man ja praktischerweise nehmen, um die ganzen Mitbringsel zu verstauen. Da wurden Würstchen en masse gekauft, Alkohol, Zigaretten….. „wie, Übergepäck kostet Geld?“…..

Wochenendplanung:
Da ja nun ein komplettes Wochenende in DE anstand, was es zu überbrücken galt, haben wir angefragt, was denn in Frage käme. Wir hatten uns extra die Wochenenden freigehalten, um die Truppe zu bespassen und einige Pläne gemacht wie Weserberglandtour, Städte in der Umgebung, Wälder etc. Alles, was es in der Form eben in China nicht gibt.
Die Antwort, was man denn sehen möchte war „Berlin“. Ich meine, ist ja klar, wer will das nicht sehen in DE, wenn man schon mal hierher kommt. Da kam natürlich meine Planung dann auch mal ins Wanken und ich hab fieberhaft überlegt, wie man das am besten ermöglichen könnte, da Markus erst den Freitag anreisen würde und auch Jetlag haben würde. Zudem war die finanzielle Seite gar nicht klar. Die Firma kann sowas logischerweise nicht tragen und das Mädel, was dabei war arbeitet in der Produktion und kann sich sowas einfach nicht leisten. Aber die Antwort von dem, der es vorschlug war „ich mach das allein, ich frag mich durch, hier können doch alle Englisch in DE“. Das konnte ich nun getrost verneinen. Denn leider ist das ja nicht immer der Fall, gerade bei den älteren Generationen und in unserer Gegend eh nicht. Also haben wir hin und her überlegt, wie wir das regeln, zumal wir die anderen beiden nicht sitzen lassen wollten.
Ein anderer deutscher Kollege erklärte sich dann bereit, mitzufahren und den Zug zu nehmen. Geklärt war nun aber immer noch nicht, was mit den anderen wird. Der chinesische Kollege mit der Berlin-Idee meinte, „ist mir egal, ich fahre“. War sehr interessant. Da denkt man doch immer, die hucken alle so aufeinander, verstehen sich super, aber letztlich ist jeder eben doch ein Einzelkind und egoistisch ohne Ende… Hier zählt halt eben nur das Individuum.
Letztlich sind dann doch alle nach Berlin gefahren, haben den Zug genommen (5 Stunden mit der Bahn) und haben sich einiges angesehen. War wohl ein gelungener Trip.

Dann stand noch der letzte Samstag an, bevor es nach China zurückging. Im Kopf war meine Planung fertig, höflicherweise hab ich aber nochmal gefragt, was sie denn bevorzugen. Fehler! Antwort: Neuschwanstein.
In China ist das ja normal, zigtausend Stunden überall hin anzureisen und alles möglich zu machen, aber für einen Tag mal in den südlichsten Zipfel fahren? Nee, also ich bin ja echt schon flexibel und spontan geworden, aber das war mir echt zuviel. 6 Stunden hin und zurück nochmal 6 Stunden an einem Tag kommen nicht in Frage.

Den Samstag haben wir dann nun zusammen verbracht und das Weserbergland angesehen. Ganz besonders waren sie von der Natur angetan und den vielen Tierchen, die wir zufällig alle sahen (Rehe, Enten….). Fähre zu fahren war klasse und als dann noch zufällig mein Vater um die Ecke spazierte, war das Eis gebrochen und er musste erstmal mit allen Fotos machen. Nach sechs Stunden spazieren und Autofahren waren dann alle müde und wollten aufs Sofa. Insgesamt auch für uns ein gelungener Tag, immerhin haben wir viele der Sachen auch schon lange nicht mehr gesehen und nochmal die frische Frühlingsluft schnuppern können, bevor es Montag zurückging….





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